Wer den Kadaver nicht markiert, geht leer aus Die neue Anatomie von Beute, Ressourcen und Fressneid
Jede Gesellschaft ist eine Savanne. Nur der Staub klebt heute an Sneakers statt an Pfoten. Appetit auf alles Satt wird niemand. Wir leben im Zeitalter der permanenten Verteilungskämpfe. Wer jetzt an Aktien, Immobilien oder Start-up-Anteile denkt, irrt. Die echte Ressource, um die alles kreist, ist heute wie damals: Aufmerksamkeit, Status, Zugehörigkeit, und am Ende ja, manchmal wirklich noch der alte, materielle Knochen. In Wahrheit hat sich seit der afrikanischen Steppe wenig geändert. Die Jagd ist digital, die Beute flüchtig, das Rudel trägt jetzt Poloshirt oder Homeoffice-Pyjama, aber das Fressen bleibt dasselbe: Wer satt werden will, braucht Zähne oder den besseren Algorithmus.
Die Psychologie nennt es „relative Deprivation“. Soziologen lieben das Bild der Scarcity: Wo Knappheit regiert, herrscht Konkurrenz. Man könnte fast glauben, der moderne Mensch sei der erste, der nach Futterneid zivilisierte Scham empfindet. Irrtum. Das schlechte Gewissen ist nur der Maulkorb auf dem Urinstinkt.
Am Tisch der Ressourcen gibt es keine festen Plätze nur schärfere Ellenbogen.
Die Beute: Wer nimmt, wer schaut zu?
Im Löwenrudel wird nicht demokratisch verteilt. Die Ranghöchsten beißen zuerst ins Filet, die Jungen kauen Knochen, und die Hyänen hoffen, dass noch ein Stück abfällt. Im Open-Space-Office verschieben sich die Plätze täglich, aber das Spiel bleibt gleich: Das Filetstück ist der Lead, das Budget, das neue Projekt oder die nächste Beförderung. Das Gnu am Wasserloch heißt jetzt „Pitch“, die Gazelle „Beförderung“, das Kadaverstück „Social Credit“.
Robert Sapolsky, Biologe und König der Savannen-Vergleiche, bringt es auf den Punkt: Wer Ressourcen kontrolliert, kontrolliert das Rudel. Im Unternehmen sind das die Informationswege, der Zugang zur Macht, das unsichtbare Netzwerk im Hintergrund selten die eigentliche Aufgabe.
Die größten Jäger glänzen nicht mit Zähnen, sondern mit Zugriffsrechten. Ressourcenneid als Gesellschaftssystem
Psychologen und Anthropologen sind sich einig: Konkurrenz entsteht nicht, weil zu wenig da ist, sondern weil jeder glaubt, der Nachbar habe mehr.
Das berühmte „relative deprivation“ Experiment von Walker und Smith (2002): Menschen vergleichen ihren Anteil nicht mit der absoluten Menge, sondern mit dem, was andere kriegen. Das führt dazu, dass auch der satteste Löwe einen Blick riskiert, ob beim Nachbarn nicht noch ein besserer Brocken liegt.
Der Office-Mensch ist da nicht anders: Die „Teamleistung“ ist häufig der Vorwand, um den eigenen Teller zu sichern und am Buffet als Erster zu stehen. Wer je erlebt hat, wie aus freundlichen Kollegen am Gehaltsverhandlungstag plötzlich Flusspferde am Tümpel werden, kennt das Gesetz der Steppe: Gemeinsam, solange es kein Filet gibt.
Ab dann: Survival of the trickiest.
Man erkennt den Mangel nicht am Kontostand, sondern am Blick über die Schulter.
Die Hyäne im Chefsessel oder: Wer den Zugang hat, entscheidet, wer satt wird. In der afrikanischen Savanne regelt das Gesetz des Stärkeren in der modernen Organisation das Gesetz des Netzes. Macht hat, wer Ressourcen verteilt oder blockiert. Nicht die Wildkatze, die am lautesten faucht, sondern der Türsteher an der Wasserstelle.
Was das für die Karriere bedeutet? Alles!
Mikropolitik schlägt Talent, Beziehung ersetzt Lebenslauf, und Information ist die einzige Währung, die sich wie von selbst vermehrt sofern sie exklusiv bleibt. Wissenschaftlich belegt: Organisationen mit intransparenten Ressourcenströmen sind effektiver in der Sabotage als im Fortschritt. Wenn Sie sich fragen, warum immer dieselben am Tisch sitzen, während andere am Rand verhungern hier ist die Antwort: Nicht der Fleißige wird satt, sondern der, der den Napf markiert.
Buffet-Sozialismus Der Traum von der gerechten Verteilung
Natürlich werden Gerechtigkeit und Gleichverteilung heute wie Bio-Trauben auf Meetings gereicht. Doch jedes Kind weiß: Die größten Stücke landen selten beim Idealisten. Der Traum vom Buffet-Sozialismus scheitert an der Realität der Griffbereiten. Psychologische Studien zeigen: Wer glaubt, freiwillig zu teilen, gibt in Wahrheit nur das ab, was er ohnehin nicht braucht oder das, was gesehen wird. Das ist kein Zynismus, das ist empirisch belegt. Und ja, auch ich habe manchmal brav verteilt, während ich insgeheim schon am nächsten Brocken geplant habe.
Ressourcenknappheit als Dauerzustand – Das Hamsterrad der Habenichtse
Knappheit ist heute keine Frage des Mangels, sondern des Marketings. Sogar Überfluss wird als Knappheit inszeniert, um Preise und Begehrlichkeiten zu steigern. Wer nicht bekommt, was er glaubt zu verdienen, gerät in den Kreislauf des permanenten Fressneids. Die Savanne ist dafür das perfekte Bild: Niemand ist je wirklich satt, weil der nächste Dürrezyklus immer schon im Blick ist. Unternehmen wissen das. Sie schaffen künstliche Engpässe, limitierte Editionen, exklusive Zugänge.
Psychologen sprechen von der „scarcity heuristic“: Alles, was knapp ist, wird wertvoller oder scheint es zumindest.
Der wahre Hunger ist nicht biologisch, sondern sozial programmiert.
Wer satt wird, bestimmt, wer bleibt
Der letzte Bissen geht an den, der das Spiel besser versteht. Loyalität wird zum Tauschwert, Abhängigkeit zur Ressource, Gruppenzugehörigkeit zur Überlebensgarantie. Der kluge Beobachter weiß: Die, die nie satt werden, sind nicht Opfer des Systems, sondern Teil des Spiels. Es sind immer die gleichen, die in die Falle der „chronischen Knappheit“ tappen und nie begreifen, dass das Spielfeld nicht gleich, sondern nur gleich inszeniert ist.
Die Forschung ist eindeutig: Wer sich selbst aus dem Rennen nimmt, wird nie satt weil er nie als hungrig erkannt wird.
Im Unternehmen wie in der Steppe gilt. Wer gesehen werden will, muss lärmen oder glänzen. Wer nur konsumiert, wird übersehen oder aufgefressen.
Die Mär vom kollektiven Hunger oder: Warum Sattheit selten geteilt wird
Es gibt einen Grund, warum auch in Zeiten des Überflusses niemand satt wirkt: Der Mangel ist das eigentliche Kapital.
Das System ist so gebaut, dass jeder glaubt, zu kurz zu kommen selbst die Löwin mit dem größten Brocken schaut noch auf die Hyäne mit dem schmutzigen Maul und fragt sich, ob sie nicht zu wenig hat.
Das macht uns zu rastlosen Sammlern, Jägern, Konsumenten. Die Ressourcen mögen sich wandeln der Hunger bleibt.
Und wer immer glaubt, noch einen besseren Happen zu verdienen, lebt in der Illusion, dass das nächste Meeting, der nächste Pitch, die nächste Beförderung endlich Sättigung bringt. Satt ist der, der verstanden hat, dass die Beute nie reicht aber immer für einen neuen Kampf sorgt.
Die Pointe: Wer satt ist, verlässt das Spielfeld oder wird selbst zur Beute
Die Savanne lehrt uns: Wer satt ist, verliert den Instinkt. Im Unternehmen wie im Leben gilt: Die, die meinen, angekommen zu sein, sind schon auf dem Weg ins Aus. Echte Gewinner wissen: Ressourcen sind wie Beute nie sicher, immer vergänglich, und selten so gerecht verteilt, wie das CSR-Statement behauptet.
Der Trick? Nicht satt zu werden aber auch nie so hungrig zu wirken, dass der eigene Mangel zum Aushängeschild wird.
Die Besten spielen das Spiel, aber sie glauben nie an die Fairness der Regeln. Sie wissen:
Die einzige gerechte Ressource ist der Instinkt, nicht der Napf.