Die Marke als Charaktertest: Warum sich Mut im Branding immer auszahlt
Es gibt Momente, in denen sich eine Marke entscheiden muss: Will sie die nächste Dschungelprüfung bestehen oder nur still hoffen, nicht als erste aus der Reality-Show des Marktes abgewählt zu werden? Die meisten Marken wünschen sich, einfach in Ruhe gelassen zu werden. Sie möchten bitte niemanden stören, niemandem auffallen außer natürlich, man fragt sie nach ihrer „Vision“. Dann holen sie das Moodboard heraus, als würde ein hübscher Farbverlauf den Mangel an Rückgrat kaschieren.
Wer wirklich wissen will, was Branding ist, braucht keine Workshops, sondern einen Charaktertest. Und der verläuft schmerzhafter als eine Steuerprüfung im Jahr nach Corona.
Branding, liebe Freunde der gepflegten Ausrede, ist kein Schönheitswettbewerb. Es ist die bittere Realitätsspritze, die zeigt, was bleibt, wenn das ganze Gerede von „Kundenzentrierung“ und „Purpose“ verpufft. Branding ist nicht das Versprechen, das du auf deine Website schreibst sondern das Geständnis, das zwischen den Zeilen steht. Die Frage ist nicht: „Wie sehe ich aus?“ sondern: „Habe ich überhaupt eine Haltung, oder spiegle ich nur zurück, was der Markt gerade hören will?“
Die feigen Marken und die, die es wagen
In der Welt des Brandings gibt es drei Sorten von Marken: Die Erklärer, die Blender, und die, die ein echtes Statement setzen. Die Erklärer sind wie diese Leute auf Partys, die erst mal ihre Berufsbezeichnung erklären müssen, bevor überhaupt jemand versteht, was sie machen. Sie lieben Bullet Points und glauben, dass ein Markenleitbild wie die Betriebsanleitung eines Ikea-Regals klingt.
Die Blender sind schlimmer: Sie kopieren, was gestern irgendwo funktioniert hat, pressen es durch die Adobe-Cloud und hoffen, dass niemand merkt, dass „authentisch“ hier nur das Synonym für „copy-paste“ ist.
Und dann gibt es die, die etwas wagen. Die Marke als Haltung verstehen und nicht als Dekor.
Ich bin nicht hier, um nett zu sein. Ich bin hier, um ehrlich zu sein. Ich habe Jahre damit verbracht, zuzusehen, wie Unternehmen mit ihren Logos jonglieren wie Zirkusclowns, nur um dann zu merken, dass niemand mehr lacht, wenn die Lichter angehen. Marken scheitern selten an der Konkurrenz. Sie scheitern an ihrer eigenen Feigheit. Die meisten würden lieber nackt auf einer Messe stehen, als im Branding ein echtes Bekenntnis abzulegen.
Print, Digital und das Spielfeld der Bedeutungslosigkeit
Print ist die Domäne der Klarheit. Papier zwingt zur Entscheidung: Was soll bleiben? Was trägt dich wirklich? Was verdient es, in die Hand genommen zu werden? Auf Papier bleibt nur, was Substanz hat alles andere wird nach drei Tagen zum Einkaufszettel recycelt. Digital ist der umkämpfte Marktplatz. Überall blinkt, flackert, schreit es. Wer hier eine Marke hat, die sich versteckt, wird übersehen. Wer gefallen will, wird ignoriert. Und eine Marke, die nichts riskiert, bleibt bedeutungslos die digitale Fußmatte, über die alle hinweggehen, während sie glauben, das sei ein Designer-Teppich.
Die meisten digitalen Markenauftritte erinnern mich an die Flucht vor dem Regen unter einen Baum: Kurz trocken, dann tropft’s von überall, und am Ende steht man trotzdem im Matsch. Wer im digitalen Raum keine Haltung hat, wird weggescrollt, noch bevor das erste Pixel geladen ist.
Branding ist ein Charaktertest für dein Unternehmen und für dich. Es zeigt, was du wirklich bist, nicht was du vorgibst zu sein. Die meisten trauen sich das nicht. Weil sie Angst haben, anzuecken. Lieber Mittelmaß als Risiko. Lieber Wischiwaschi als klare Kante. Ich schon. Wer eine echte Marke will, muss ehrlich sein. Die unangenehme Wahrheit ist: Das, was Marken wirklich auszeichnet, ist nicht der Look, sondern der Mut, klar zu sagen: Das bin ich und das eben nicht.
Das ist wie beim Dating: Wer ständig sagt, „ich bin für alles offen“, bekommt genau das alles und nichts.
Das Branding, das bleibt
Es gibt einen Moment, in dem eine Marke aufhört, Ausreden zu machen. Das ist der Moment, an dem sie auffällt. Man sieht es in den Augen der Kunden oder an den Absatzzahlen. Eine starke Marke provoziert. Sie muss nicht jedem gefallen, aber sie muss einladen und abgrenzen. Das Logo ist nur die Uniform. Die Haltung ist der Mensch dahinter. Und Branding ist, wie ich gern sage, das Coming-out für Unternehmen: Entweder du zeigst, wer du bist, oder du verschwindest im Rauschen. Das ist keine Metapher das ist messbar. Die stärksten Marken sind laut Studien nicht die, die „am schönsten“ sind, sondern die, die am konsequentesten Nein sagen.
Die meisten Brands investieren mehr in ihren Coffee-to-go als in ihr Corporate Design. Und wundern sich, warum am Ende niemand Lust hat, sie zum Gespräch einzuladen.
Fakt ist: Branding ist kein Moodboard. Es ist der Moment, in dem du dich entscheidest, gesehen zu werden und alle anderen das spüren lässt.
Wer sich versteckt, wird übersehen. Wer gefallen will, wird ignoriert. Und wer nichts riskiert, bleibt bedeutungslos.
„Deine Marke, dein Geständnis. Branding. Charakter zeigen oder gar nicht“
Und falls du bis hierhin gedacht hast, Branding wäre nur ein Logo, empfehle ich einen Kaffee mit dir selbst. Vielleicht kommt dann die Wahrheit durch.
