Wenn Algorithmen und Architekten denselben Marmor lieben, beginnt Design, sich selbst neu zu erfinden und vielleicht auch, die Welt ein bisschen zu entlasten…
AI generation Marble – Wenn KI den Stein der Weisen für das Design findet (und Marmor endlich recycelbar wird)
Es gibt Innovationen, die rauschen wie ein Aperitif auf der Mailänder Designwoche durch die Architekturwelt und dann gibt es Projekte, die leise, fast schüchtern, die Grundmauern der Branche verschieben. „AI generation Marble“ ist so eine Geschichte. Hier mischt sich die digitale Avantgarde von Reply mit dem keramischen Urgestein Marazzi und der eleganten Handschrift von ACPV ARCHITECTS zu einem Experiment, das klingt, als hätte die Evolution einen Gastauftritt im Designstudio gebucht.
Mailand also. Durini Design District, Frühling, Aperol-Spritz-Gläser klirren zwischen Diskussionsrunden und Instagram-Live-Streams. Doch statt dem nächsten Polstermöbel-Revival präsentiert sich hier ein Prototyp des Fortschritts: Keramikfliesen, deren Marmoroptik nicht nur italienischen Nonnen die Tränen in die Augen treiben, sondern auch Digital Natives in Staunen versetzen dürfte.
Denn was hier glänzt, wurde nicht vom Berg, sondern vom Algorithmus geformt.
Wer sind die neuen Alchemisten?
Eine Allianz aus drei Schwergewichten: Reply, die Tech-Spezialisten für digitale Transformation, Marazzi, die Hochadeligen der Keramikbranche, und ACPV ARCHITECTS, ein internationales Kollektiv für Architekturvisionen. Gemeinsam wagen sie, was bisher nach Science-Fiction klang: Sie trainieren künstliche Intelligenz darauf, Muster zu erschaffen, die der Natur nachempfunden, aber nie geklaut sind. So wird aus einer historischen Kaserne in Turin ein Campus, auf dem Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft kollidieren mit Fußböden, die im Idealfall sogar die Umwelt schonen.
Wo verlaufen die neuen Grenzen?
Nicht mehr zwischen Natur und Technik, sondern zwischen „so war das schon immer“ und „so könnte es sein“. Die verwendeten Algorithmen sind keine Nachahmer, sondern mutige Übersetzer. Inspiriert von Biomimikry dem uralten Prinzip, von der Natur zu lernen, statt sie nur zu kopieren entsteht ein neues Design-Vokabular, in dem Marmor als ressourcenschonender Digitalprint über die Piazza gleitet.
Das Setting: große, bis zu 3,2 Meter hohe Keramikflächen, produziert in limitierter Auflage, gemacht für eine Architektur, die nachdenklich und nachhaltig zugleich ist. Die Herausforderung: Flächen, die in der Natur Millionen Jahre brauchen, im digitalen Zeitraffer zu perfektionieren ohne, dass das Ergebnis aussieht wie die Rückseite eines Laserdruckers.
Was macht das Projekt zum Meilenstein?
Die eigentliche Revolution liegt im Wie. Hier treffen Diffusionsmodelle auf architektonisches Feingefühl, Denoising- und Super-Resolution-Algorithmen auf italienisches Traditionshandwerk. Das klingt nach Deep Tech, ist aber vor allem eines: Teamwork. Der AI-generierte Marmor spart Ressourcen, weil keine Steinbrüche geplündert und keine Meere mehr durch Materialtransporte gequält werden müssen. Er eröffnet Architekten neue Spielräume, weil jede Oberfläche ein Unikat, aber planbar bleibt ein Quantensprung, der das Handwerk nicht ersetzt, sondern auf ein neues Level hebt.
Patricia Viel spricht von einer „Bereicherung der menschlichen Kreativität“. Mauro Vandini bringt es auf den Punkt: „KI verändert das Keramikdesign und damit gleich die ganze Branche.“ Was nach PR-Sprech klingt, ist in Zahlen messbar: Weniger Abfall, flexiblere Logistik, und ein Look, der nicht nur als „Made in Italy“, sondern auch als „Made with AI“ durchgeht.

Wie fühlt sich das an?
Wie das erste Mal im italienischen Dom, nur ohne Kälte und Eintrittspreis. Die neuen Oberflächen sind weder Kitsch noch kalter Techno-Charme, sondern ein Manifest, dass Schönheit heute synthetisch und ökologisch zugleich sein kann. Es ist eine Hommage an die Vergangenheit, kuratiert von der Zukunft Marmor für das Anthropozän.
Das große Finale: Der neue Reply-Campus wird zum Designlabor, zum lebenden Beweis, dass Synergie mehr ist als ein Buzzword. Die Generation, die mit Algorithmen aufwächst, bekommt die Natur zurück transformiert, aber nicht verraten.
Und irgendwo in einer Mailänder Bar prostet eine Architektin dem Algorithmus zu und fragt sich, warum eigentlich niemand früher auf die Idee gekommen ist, dass Marmor im nächsten Leben vielleicht als Datenstrom wiedergeboren wird.